Das deutsche Kindesunterhaltsrecht geht noch immer davon aus, dass nach einer Trennung der Eltern ein Elternteil „alleinerziehend“ betreut und der Andere zahlt. Gesellschaftlich gewünscht und vielfach schon gelebte Realität ist hingegen, dass beide Eltern „getrennt erziehen“ und kooperativ in Alltag, Versorgung und Freizeit ihrer Kinder eingebunden sind. Das Unterhaltsrecht bildet dies bisher nicht ab. Die Gerichte tragen einem erhöhten Betreuungsanteil nicht hinreichend Rechnung, wie die jüngsten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zeigen.
Es ist daher an der Zeit, dass der Gesetzgeber das Kindesunterhaltsrecht grundlegend reformiert und den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpasst. Die Bundesmitgliederversammlung des VAfK hat daher ein Positionspapier verabschiedet, welches die folgenden Punkte beinhaltet:
- Berücksichtigung des Einkommens beider Eltern bei der Bedarfsermittlung der Kinder bei erweitertem Umgang
- Berücksichtigung des Betreuungsanteils bei der Aufteilung des Barunterhaltsanspruchs
- Der Grundbedarf der Kinder steht den Kindern bei jedem Elternteil zu, der im Rahmen seiner elterlichen Verantwortung den Umgang kindgerecht ausüben kann und will
- Verantwortlichkeit und Anrechenbarkeit für umgangsbedingte Mehrkosten nach dem Verursacherprinzip
- Vereinfachte Abänderungsentscheidungen von Unterhaltstiteln
Darüber hinaus sind Anpassungen in der Kindergrundsicherung, im Steuer-, Melde- und Sozialleistungsrecht notwendig – die aktuellen Regelungen sind lediglich auf „Alleinerziehende“ ausgerichtet.
„Wer heute noch pauschal von ‚Alleinerziehenden‘ spricht, ignoriert die gesellschaftliche Realität. Differenzierung ist daher dringend erforderlich. Paare trennen sich, bleiben aber Eltern und sind in der Regel getrennt erziehend, es sei denn ein Elternteil entzieht sich seiner Verantwortung oder stirbt. Die große Gruppe verantwortungsvoller, getrennt erziehender Eltern ist rechtlich – nicht nur im Unterhaltsrecht - noch nicht existent und wird bereits durch die Bezeichnung ‚Umgangseltern‘ sprachlich ausgegrenzt“ erklärt Markus Witt aus dem neu gewählten Bundesvorstand des VAfK. Dem Anspruch einer gleichberechtigten Elternverantwortung von Müttern und Vätern wird dies nicht gerecht.
„Immer mehr Väter wollen sich in zeitlich größerem Umfang um ihre Kinder kümmern, immer mehr Mütter sich beruflich mehr engagieren. Eine partnerschaftliche Rollenteilung der Eltern von Anfang an ermöglicht beides. Auch nach einer Trennung der Eltern sollte keine „Rolle rückwärts“ in längst überholte Rollenmodelle erfolgen; statt dessen sollte die finanzielle Autonomie beider ehemaligen Partner und der Erhalt der Bindungen der Kinder zu beiden leiblichen Eltern durch eine gleichwertige Betreuung (Wechselmodell) gefordert und gefördert werden“ so Angela Hoffmeyer, wiedergewähltes Mitglied im Bundesvorstand des VAfK und seit 2012 Leiterin der Projektgruppe Paritätische Doppelresidenz.
Das neu gewählte Team des Bundesvorstands des VAfK mit Ulrich Severin (Marburg), Angela Hoffmeyer (Karlsruhe), Markus Witt (Berlin), Torsten Fabricius (Würzburg) und Hartmut Haas (Hamburg) wird sich gemäß der Forderung des Vereins „Allen Kindern beide Eltern!“ dafür einsetzen, dass die in Deutschland noch ausstehenden rechtlichen Reformen nach dem Vorbild anderer Länder umgesetzt werden. Der Verein als größter bundesweiter Selbsthilfeverein mit rund 100 Landes- und Kreisvereinen sowie Kontaktstellen zählt inzwischen über 3.500 Mitglieder.