Familienministerium übersieht verantwortungsvolle Trennungseltern

Gleichverantwortliche Kinderbetreuung und -erziehung nach Trennung und Scheidung in Form der Paritätischen Doppelresidenz (Wechselmodell) ist noch immer ein Fremdwort im Internetauftritt des Bundesfamilieninisteriums – informiert und gefördert werden lediglich Alleinerziehende.

Auf Facebook teilte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig am 04.03.2015 mit, dass das Bundesfamilienministerium seine wichtigsten Publikationen nach verschiedenen Lebensphasen neu geordnet und alle wichtigen Informationen auf einen Blick bereitgestellt habe.

Angesichts von ca. 180.000 Scheidungen und weiteren nichtehelichen Trennungen pro Jahr verwundert es, dass auf den neuen Seiten des Ministeriums die von immer mehr getrennt lebenden Eltern praktizierte Betreuungsform der Paritätischen Doppelresidenz (Wechselmodell) mit keinem Wort erwähnt wird. Statt dessen gilt die volle Aufmerksamkeit den „Alleinerziehenden“, d. h. dem „hauptbetreuenden“ Elternteil, und zwar völlig unabhängig davon, ob und wie stark der andere Elternteil an der Betreuung beteiligt ist. Die Suchergebnisse auf der ministerialen Seite zeigen keine Treffer bei der Eingabe des gängigen Begriffs „Wechselmodell“. „Alleinerziehende“ werden hingegen 60mal gefunden. Noch schlechter fällt das Ergebnis beim Familien-Wegweiser des Ministeriums aus (0:66).

Angela Hoffmeyer, Mitglied im Bundesvorstand des bundesweiten Vereins Väteraufbruch für Kinder e.V. und Mitbegründerin der organisationsübergreifenden „Projektgruppe Paritätische Doppelresidenz“ und des International Council on Shared Parenting (ICSP) ist hierüber enttäuscht: „Immer mehr Nachtrennungsfamilien praktizieren auch in Deutschland die Paritätische Doppelresidenz, welche Kindern beide Eltern auch im Alltag erhält und nachweislich für die gesunde Entwicklung der Kinder, aber auch für ihre Eltern optimale Voraussetzungen bietet. Die Paritätische Doppelresidenz ist eine Win-Win-Win-Lösung für Kinder, ihre Eltern und die Gesellschaft.“ In mehreren europäischen Nachbarländern stellt diese Betreuungsform bereits den Regelfall nach Trennung der Eltern dar. Es ist daher völlig unverständlich, dass das Ministerium die Paritätische Doppelresidenz völlig unbeachtet lässt, nicht zuletzt weil sie die vielbeklagte Überlastung und Armut der Alleinerziehenden verhindert.

Beratungsbedarf zur Paritätischen Doppelresidenz seitens des Ministeriums würde durchaus bestehen, da viele staatliche Leistungen noch immer an den Status „Alleinerziehend“ geknüpft sind. Der Status „getrennt lebend - gemeinsam erziehend“ gibt es bisher weder im Unterhalts-, Steuer-, Sozial- oder Melderecht. Hierüber sollten Eltern informiert und ihnen Lösungswege aufgezeigt werden, solange der Gesetzgeber an diesen Rahmenbedingungen noch nichts geändert hat. 

Statt dessen werden Eltern, welche sich bisher gleichberechtigt um ihre Kinder gekümmert haben, nach Trennung und Scheidung oftmals schon aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen zurück in tradierte Rollenmuster gedrängt: die Mutter kümmert sich um die Kinder und der Vater um den Unterhalt. Gleichberechtigung endet somit oftmals staatlich gefördert mit der Trennung der Eltern.

Nur gemeinsam bekommen Mütter und Väter Karriere und Kinder unter einen Hut. Dies gilt nicht nur in zusammenlebenden, sondern auch in getrennt lebenden Familien. Hier muss der Gesetzgeber endlich die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um seine eigenen Ziele auch umsetzen zu können. Seit Jahrzehnten würden sich die Väter nach einer Trennung gerne mehr um ihre Kinder kümmern, 56.000 Umgangsverfahren (Quelle Statistisches Bundesamt, Stand 2013) jedes Jahr sprechen eine deutliche Sprache – und es werden kontinuierlich mehr. Noch 2003 waren es lediglich 37.000. 

Vor allem die Väter werden durch das veraltete Rechtssystem an ihrem Engagement für ihre Kinder gehindert. Viele Alleinerziehende würde es gar nicht geben, wenn den Vätern auch nach der Trennung eine gleichberechtigte Rolle, gemeinsam mit der Mutter, zugestanden würde. Gewinner wären vor allem die Kinder: ihnen blieben beide Elternteile erhalten. Wir würden uns wünschen, dass sich Ministerin Schwesig hierfür stärker einsetzt, als weiterhin ausschließlich das oftmals selbst geschaffene Problem der Alleinerziehenden zu fördern.