Die entworfenen Erhöhungen wirken sich zum Nachteil der nicht-verfahrenskosten- hilfeberechtigten unteren Mittelschicht, meist Väter, aus, ohne bestehende Probleme zu lösen. Für Rechtsanwälte, die nach RVG abrechnen, mag die Erhöhung “überfällig” sein. Für Rechtsanwälte, die derzeit nur nach Vergütungsvereinbarungen tätig werden, ist die Erhöhung kein Anreiz, davon Abstand zu nehmen. Sie mag diese Entwicklung ggf. verlangsamen, aber macht sie nicht rückgängig. Ob die Mehreinnahmen durch erhöhte Gerichtskosten in die Geschwindigkeit und Qualität des staatlichen Wächteramtes – die Jugendämter und Familiengerichte, aber auch freie Träger der Jugendhilfe sowie Beratungsangebote und Prävention – investiert werden, ist höchst fraglich.
Beispielrechnung
Umgangsverfahren, § 45 I Nr. 2 FamGKG
(1. Instanz, Regelfall: Gerichtskosten hälftig, keine Erstattung außergerichtlicher Kosten, § 81 I 1 FamFG)
De lege lata: 1.060,85 €1
De lege ferenda: 1.157,18 €2
Verteuerung: + 9 %
Hinzu kommen Kosten für Verfahrensbeistand, ggf. Gutachter, Umgangspfleger, etc.
Der Wunsch, seiner Pflicht nachzukommen, kostet den Elternteil schnell 10.000 €! Immer ohne die Gewähr, dass die erhoffte Lösung gefunden und nicht vereitelt wird.
Von diesem Geld ist dem betroffenen Kind kein einziges Eis gekauft und noch keine einzige Minute Quality Time mit seinem Papa oder seiner Mama gegönnt worden.
Diese Kosten verstehen sich zuzüglich der Umgangs- insbesondere Fahrtkosten, die der pflichtbewusste Elternteil, neben seiner Barunterhaltspflicht, auch tragen muss.
Weil hilfesuchende Eltern oft von Jugendämtern im Stich gelassen werden und die Zeit zu Gunsten des nicht kooperierenden Elternteils arbeitet, ist der unverzügliche Gang zum Familiengericht meist die klügere Wahl und im Interesse des betroffenen Kindes.
Ist der nicht kooperierende und allein erziehen wollende Elternteil, meist die Mutter, verfahrenskostenhilfeberechtigt, so führt der § 81 II FamFG – welcher ohnehin selten genutzt wird – zu keinem Anreiz ein solches Fehlverhalten abzustellen.
Auf der anderen Seite schrecken schon heute nicht-verfahrenskostenhilfeberechtigte Elternteile, meist die Väter, vor dem Gang zum Familiengericht zurück. Stattdessen lassen sie sich vom anderen Elternteil vertrösten und gängeln oder resignieren einfach.
Diejenigen, die für ihre Kinder kämpfen, erleben eine systematische Ungerechtigkeit (vgl. BFH, 13.08.2020, VI R 15/18) und verstehen nicht, wieso sie dafür zahlen müssen, nur weil sie ihrer Pflicht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz nachkommen möchten.
Bei einer weiteren Verteuerung kindschaftsrechtlicher Verfahren rechnen wir mit:
- Erhöhter Selbsthilfe- und Beratungsbedarf für frustrierte und verzweifelte Väter und Mütter durch Vereine wie den unseren.
- Steigende Zahl resignierender Elternteile, die nur und ggf. Barunterhalt zahlen.
- Mehr familiengerichtliche Anträge durch Naturalparteien, von denen, die zu arm für einen Rechtsanwalt, aber zu “reich” für Verfahrenskostenhilfe sind.
- Zunehmende Ungerechtigkeit für die Pflichtbewussten, die hart arbeiten, um dem Staat nicht auf der Tasche zu liegen, aber für ein staatliches Versagen zahlen sollen.
Während die Auffassung des DFGT3 rechtssystematisch richtig ist, so vergisst er, dass betroffene Elternteile die finanziellen Aspekte vorab und parallel im Kalkül haben und dies auch müssen. Damit Entscheidungen und Regelungen für sie leistbar sind und sie nicht in Armut stürzen. Es kann weder gesellschaftlich noch volkswirtschaftlich gewollt sein, dass es für Pflichtbewusste attraktiv wird, arm zu werden, um dann in den Genuss staatlicher Leistungen, wie Verfahrenskostenhilfe, zu kommen.
Die Not, sich an das Familiengericht zu wenden, entsteht nicht nur durch das Verhalten des anderen Elternteils, sondern vor allem wegen dem dysfunktionalen Familienrecht sowie dem überforderten staatlichen Wächteramt selbst.
Wir regen an, die Auslagen für Verfahrensbeistände, Gutachter und Umgangspfleger im Regelfall dem örtlich zuständigen Jugendamt aufzuerlegen. Eine solche Ergänzung der §§ 81 FamFG, 64 SGB X wäre gerecht und würde die Kommunen sofort motivieren.
1) 140,00 € * 3 / 2 + (278,00 € * 1,3 + 278,00 € * 1,2 + 20,00 €) * 1,19; §§ 45, 28, A1 FamGKG, 13 RVG.
2) 170,50 € * 3 / 2 + (295,00 € * 1,3 + 295,00 € * 1,2 + 20,00 €) * 1,19; §§ 45, 28, A1 FamGKG-E, 13 RVG-E.
3) DFGT, Stn zu den Eckpunkten des BMJ für eine Reform des Kindschaftsrechts, 21.03.2024, Pkt. VII.5.
Ansprechpartner
Bundesvorstandsmitglied, Christoph Köpernick, koepernick@vafk.de, 0171 - 45 27 999
Bundesgeschäftsführer, Rüdiger Meyer-Spelbrink, meyer-spelbrink@vafk.de, 0162 - 83 99 123
Über den Verband
Der Väteraufbruch für Kinder e.V. (VAfK) ist der mitgliederstärkste, bundesweit vertretene Interessenverband für von Kindern getrennt lebende Eltern und Väteremanzipation. Er vertritt 4.000 Mitglieder in rund 100 lokalen Gesprächskreisen, Kontaktstellen und Kreisvereinen, darunter etwa 10 % Frauen.
Warum das wichtig ist
Die Menschen im VAfK verbindet, dass ihnen, ihren Kindern oder ihren Liebsten Schlimmes widerfahren ist oder widerfährt oder sie andere davor bewahren wollen. Sie stehen stellvertretend für die schätzungsweise 200.000 jährlich neu Betroffenen [Annahme: 3 Betroffene (1 Kind, 2 Angehörige) je Kontaktabbruch, vgl. Baumann et al., ZKJ 2022, 245].
Ziel des seit dem Jahr 1988 aktiven VAfK ist es, das Aufwachsen von Kindern in ihren Familien durch ein verstärktes Engagement ihrer Väter und durch kooperative Elternschaft, insbesondere nach Trennung und Scheidung, nachhaltig zu verbessern.
Der VAfK versteht sich als Verein für Kinderrechte, als Familien- und Elternverband und als Organisation, die eine fürsorgende und liebevolle Beziehung beider Eltern zu ihren Kindern stärkt sowie für die Gleichstellung von Müttern und Vätern eintritt.
Mitglied werden oder spenden
Der Mitgliedsbeitrag beträgt nur 60 € im Jahr. Weitere Familienmitglieder zahlen nur 30 €. Der VAfK ist als gemeinnütziger Verein anerkannt und auf Spenden angewiesen, um seine Öffentlichkeitsarbeit und Beratungsangebote vor Ort leisten zu können.
Der VAfK toleriert keine extremistischen Tendenzen – weder von links noch rechts. Er ist ein Antidiskriminierungsverband und ist im deutschen Lobbyregister eingetragen.
Mitglieder im Bundesvorstand: Christoph Köpernick, Markus Koenen, Karsten Rulofs, Elmar Riedel, Kay Stratmann.