Gemeinsame Verbände-Erklärung zum Gespräch mit Bundesfamilienministerin Giffey am 26.06.2020

Wir, die unterzeichnenden Organisationen, setzen uns neben weiteren von unseren Organisationen vertretenen Punkten, übereinstimmend für folgende elementar wichtigen Punkte ein, die Grundlage von Reformen des Familienrechts (Sorgerecht, Umgangsrecht, Unterhaltsrecht) sein müssen:

  1. Leitbild gemeinsamer Elternschaft

    Nach einer Trennung wird bisher noch immer vorwiegend ein „alleinerziehender“ Elternteil in den Fokus genommen. Wir fordern, dass wo immer dies möglich ist (Sorge, Umgang, Unterhaltsrecht, nachgeordnet auch in anderen Rechtsbereichen wie Steuer-, Melde-, Sozialleistungsrecht uvm.) beide Eltern in gleichverantwortlicher Weise in Bezug auf ihre Rechte und Pflichten gegenüber ihrem Kind gesetzlich berücksichtigt werden.

    Dazu gehört neben der Doppelresidenz / Wechselmodell als familienrechtliches Leitbild, d.h. dass Kinder so viel Zeit wie möglich mit beiden Eltern verbringen solle.

    Es sollen Strukturen geschaffen werden, welche Anreize zur Wahrnehmung eines „gemeinsam getrennt erziehen“ setzen.

     
  2. Verpflichtende Mediation

    Wir fordern, wenn sich Eltern nach einer Trennung nicht über die Belange ihrer Kinder einigen können, muss vor Einleitung eines familiengerichtlichen Verfahrens verpflichtend eine Mediation durchgeführt werden. Hierfür sind entsprechende Ressourcen zu schaffen, welche sich am Konzept der Family Relationship Centres in Australien orientieren könnten und eine kurzfristige Beratung der Eltern garantiert.

     
  3. Deeskalation familiengerichtlicher Verfahren

    Wir fordern analog der Resolution 2079(2015) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates die Implementierung deeskalierender Mittel analog der Cochemer Praxis und der Verhinderung von „Streit als Strategie“ mit dem Grundsatz – wer streitet, schadet seinem Kind.

     
  4. Negative statt positive Kindeswohlprüfung

    Dem Familienrecht sollte als einheitlicher, verfassungsgemäßer Eingriffsmaßstab das Konzept der „negativen Kindeswohlprüfung“ zugrunde gelegt werden, wie er sich unter anderem in Fällen von Kindeswohlgefährdung und auch der Sorge nichtehelicher Väter bewährt hat.

     
  5. Paradigmenwechsel im Unterhaltsrecht

    Weg vom Prinzip „einer betreut, einer zahlt“ – hin zu „beide betreuen, beide bezahlen“ – das Unterhaltsrecht soll Anreize zur Wahrnehmung gemeinsamer Elternschaft schaffen, Kinder in beiden elterlichen Haushalten gut versorgen und vor Armut schützen und einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen beider Eltern bieten. Hierfür haben die unterzeichnenden Organisationen mehrere, praxisgerechte Vorschläge, wie dies umgesetzt werden kann.

     
  6. Umgangsbe- und Verhinderung konsequent begegnen

    Wir fordern, dass Verstöße gegen die gemeinsame Sorgeverantwortung und gegen gerichtliche Beschlüsse Konsequenzen bis hin ins Strafrecht haben und die Vorgaben des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zur Sicherung des Kontaktes zwischen Eltern und Kindern entschiedener als bisher umgesetzt werden.

     
  7. Eltern-Kind-Entfremdung verhindern

    Immer wieder werden Kinder durch einen Elternteil (bewusst oder unbewusst) gegen den anderen Elternteil beeinflusst und es kommt aufgrund dieser Beeinflussung zu einer Entfremdung, unter der Kinder meist ein Leben lang leiden. Wir fordern, dass Kinder besser vor einer Eltern-Kind-Entfremdung geschützt werden und bei Anzeichen einer Entfremdung frühzeitig interveniert wird, um dem Kind den Kontakt zu beiden Eltern zu sichern.
     

Cornelia Spachtholz  
Bündnis doppelresidenz.org 

Markus Witt
Väteraufbruch für Kinder e.V.

Dr. Charlotte Michel-Biegel 
Papa Mama Auch e.V.  

Andre Roßnagel
Väter-Netzwerk e.V.