Familienrichter müssen dringend besser qualifiziert werden

Kinderkommission des Bundestages fordert Verbesserungen in Kindschaftsverfahren um Kinder zu entlasten. Der Auftrag liegt jedoch schon seit Jahren beim Gesetzgeber – ohne Reaktion. Kinder werden dadurch weiterhin erheblich belastet.

Über 340.000 Kindschaftsverfahren gibt es pro Jahr an deutschen Gerichten – die Kinderkommission des Deutschen Bundestages hat nun nach Expertenanhörungen eine Stellungnahme zur Qualitätssicherung in Kindschaftsverfahren veröffentlicht.[1] Ziel: eine Entlastung der Kinder und die Sicherung ihrer Rechte in gerichtlichen Verfahren. Der Väteraufbruch für Kinder begrüßt diese Vorschläge grundsätzlich, nur sind diese leider nutzlos, wenn der Gesetzgeber nicht handelt. Bereits im Juli 2016 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, dass die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern einen Gesetzentwurf erarbeiten soll, der die Qualifizierung von Familienrichtern regelt.[2] Passiert ist auch 2½ Jahre später noch nichts.

„Würden Sie eine komplizierte Herz-OP von einem Allgemeinmediziner durchführen lassen wollen?“ fragt Markus Witt, Mitglied im Bundesvorstand des Väteraufbruch für Kinder e.V. und weist damit darauf hin, dass es noch immer keine spezifische Ausbildung für Familienrichter gibt. „Um über die Insolvenz einer Firma verantwortungsvoll entscheiden zu können, benötigen Richter eine spezielle Ausbildung. Um über die Insolvenz einer Familie und das Schicksal von Kindern zu entscheiden, jedoch nicht“ ergänzt Witt und hat wenig Verständnis dafür, dass die Politik hier seit Jahrzehnten untätig ist und die Richterschaft „im Regen“ stehen lässt. Dabei kommt dem Familienrichter eine entscheidende Bedeutung über ge- oder misslingen eines familiengerichtlichen Verfahrens zu. Er ist die einzige Institution, die gegenüber den Eltern tatsächlich etwas durchsetzen kann.

Häufig sind Richter auf die Einschätzung von Gutachtern, Jugendämtern oder Verfahrensbeiständen angewiesen, ohne jedoch deren Aussagen fachlich hinterfragen zu können. „So wird der Gutachter oft zum Richter. Eine tatsächlich unabhängige Entscheidung zu treffen, wie es das Gesetz von ihnen fordert, ist vielen Richtern schlicht nicht möglich“. Witt fordert daher, dass man die Ausbildung und Qualifizierung von Familienrichtern stärkt, denn nur so können diese tatsächlich in die Lage versetzt werden, über „das Kindeswohl“ zu entscheiden.

Wie dringend der auch von der Kinderkommission des Bundestages und vom Väteraufbruch für Kinder seit 30 Jahren angemahnte Handlungsbedarf ist, zeigen nicht zuletzt auch immer wieder Skandale wie der in Staufen oder ähnlichen Fällen, in denen Kindern oftmals jahrelang vor den Augen von Gerichten und Behörden leiden mussten.

„Wenn die Politik angesichts solcher Fälle Bestürzung äußert, dann sollte sie sich fragen, was sie unternommen hat, diese zu verhindern. Statt betretener Gesichter brauchen wir jetzt Politiker, die tatsächlich handeln und Gesetze schaffen, die Kinder auch tatsächlich schützen“ fordert Witt. Die Zeit des unendlichen Abwartens sei vorbei.

 

[1] www.bundestag.de/blob/581922/166fafe930d2f399dcdde95d793cf06e/19_04_qualitaetssicherung-in-kindschaftsverfahren-data.pdf

[2] BT Drucksache 18/9092