Gesetzesänderung: Wenig Licht und viel Schatten im Familienrecht

Am 14.10.2016 wurden Änderungen im Sachverständigenrecht sowie zur Verfahrensbeschleunigung in familiengerichtlichen Verfahren (1) beschlossen. Es ist aber Skepsis angebracht, ob sich die erhofften Verbesserungen auch erfüllen.

Seit über 30 Jahren wurde kritisiert, dass Gutachten in familiengerichtlichen Verfahren fachlich unzureichend und damit unverwertbar waren. Mangels rechtlich fixierter Qualifizierungsanforderungen verloren trotzdem unzählige Kinder aufgrund solch mangelhafter Gutachten den Kontakt zu einem oder beiden Eltern. Mit den nun verkündeten Änderungen des FamFG ziehen erstmals Vorgaben zur Qualifizierung ins Gesetz ein. 

Ob diese zu einer tatsächlichen Qualitätsverbesserung führen werden wird bezweifelt. „Die Auswahl des Sachverständigen liegt weiter in der Hand des Richters, der dafür aber regelmäßig nicht ausgebildet ist. Die Einrichtung einer neutralen Vergabestelle, wie im Gesetzgebungsverfahren diskutiert wurde, hätte dies verhindern können“ meint Markus Witt, Pressesprecher des Vereins Väteraufbruch für Kinder e.V. (VAfK). Dieser Vorschlag, den auch der VAfK ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht hatte, wurde leider nicht umgesetzt.

Auch die tatsächlichen Qualifizierungsanforderungen an Sachverständige sind erst auf den zweiten Blick erkennbar. In den zugehörigen Bundestagsdrucksachen 18/6985(2) und 18/9092(3) wird darauf hingewiesen, dass einzusetzende Sachverständige die Anforderungen an die weitergehenden Mindestanforderungen für Gutachten im Kindschaftsrecht(4), welche in Zusammenarbeit mit den Fachverbänden erarbeitet wurden, für die Gerichte handlungsleitend sein sollen.

„Hierauf sollten Eltern und Anwälte zukünftig achten und die Gericht im Zweifelsfall darauf hinweisen, um eine Chance auf fachlich wenigstens den Mindestanforderungen entsprechende Gutachten zu erhalten“ so Witt weiter. Sonst sei zu befürchten, dass sich trotz Gesetzesänderung in der Praxis nicht viel ändern werde, da nicht jeder Richter sich über den Gesetzestext hinaus auch mit den hinführenden Begründungen beschäftigen werde.

Im Gesetzgebungsverfahren kam deutlich zum Ausdruck, dass Familienrichter hinreichend qualifiziert werden müssen für ihre verantwortungsvolle Arbeit in der sie über das Schicksal von Familien und vor allem Kindern entscheiden, merkt Witt an. Die Bundesregierung wurde nun vom Deutschen Bundestag aufgefordert, einen Gesetzesvorschlag zur Qualifizierung von Familienrichtern zu erarbeiten. Dies bedeute auch eine Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit.

Bisher können Richter nur selten beurteilen, ob die fachlichen Ausführungen eines Gutachters überhaupt zutreffen können. So wurde der Gutachter oftmals de facto zum Richter gemacht. Bisher gibt es solche Anforderungen nur an Insolvenzrichter – zum Familienrichter kann bisher jeder Richter bestellt werden. Die jahrzehntelange Familienrechtspraxis hat leider gezeigt, dass dies vor allem zu Lasten der beteiligten Kinder geht. 

In Bezug auf überlange Gerichtsverfahren im Sorge- und Umgangsrecht wurde dies auch mehrfach durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) kritisiert. „Nach über 14 Jahren haben wir nun in Deutschland zumindest in diesem Punkt eine menschenrechtskonforme Lösung – gegen die Verzögerung solcher Verfahren gibt es mit der Beschleunigungsrüge jetzt endlich die vom EGMR lange geforderte rechtliche Möglichkeit, Verfahren zügig zu führen“ erklärt Witt. „Langjährige Verfahren belasten vor allem die Kinder erheblich, viel zu Häufig führte dies auch zum Verlust eines Elternteils. Der VAfK hatte nach der letzten Entscheidung des EGMR die Politik nachdrücklich zu Änderungen aufgefordert (5), umso erfreulicher ist es, dass unser jahrelanges Einstehen für die Rechte unserer Kinder endlich erhört wurde“. Der Verein setzt sich seit 1988 dafür ein, das Kindern nach einer Trennung beide Eltern erhalten bleiben und fordert notwendige Änderungen zur Stärkung der gemeinsamen Elternschaft auch nach einer Trennung in Politik und Gesellschaft.