Die geplante „Verwaltungsvereinfachung“ für SGB II-Bezieher, bei welcher das Sozialgeld für jeden Tag, bei dem das Kind beim anderen Elternteil ist, gekürzt werden sollte, ist vorerst vom Tisch. Abgesehen davon, dass Experten einen erheblichen Mehraufwand aufgrund häufiger Abänderungen der Bescheide befürchtet haben, hätte die Änderung zum Kampf um Zeiten mit dem Kind geführt – ein fatales Signal seitens des Staates, welches vor allem den Kinder geschadet hätte und letztlich dem Staat selbst teuer zu stehen gekommen wäre. Daher ist es gut, dass der Gesetzentwurf nun zurück gezogen wurde.
Geblieben ist aber die Frage, wie die gemeinsame Erziehung von getrennten Eltern zukünftig berücksichtigt werden soll. „Dies ist nicht nur eine Frage des Sozialrechts. Im Steuer- und Unterhaltsrecht beispielsweise gibt es keine gangbaren Lösungen, wenn beide Eltern nach einer Trennung die gemeinsame Elternverantwortung leben“ erklärt Markus Witt vom Bundesvorstand des Väteraufbruch für Kinder e.V..
Wenn die gemeinsame elterliche Verantwortung bei zusammenlebenden Paaren gefördert wird ist es nicht mehr nachvollziehbar, weshalb diese nach einer Trennung nicht mehr existieren soll. Die gemeinsame elterliche Verantwortung bietet gerade für Mütter die Chance, der Teilzeitfalle und Altersarmut zu entkommen. Es müssen daher gezielt Maßnahmen ergriffen werden, um mehr getrennte Väter als bisher in die Betreuungsverantwortung für die Kinder einzubinden. Das Väter hierzu gerne bereit sind, belegen zahlreiche Studien. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen bewirken oftmals aber genau das Gegenteil: wer sich um seine Kinder kümmert, wird hierfür finanziell bestraft.
„Was wir brauchen ist ein politischer Paradigmenwechsel: zukünftig muss ein Kind auch nach einer Trennung zwei Eltern haben – der bisherige Begriff „Alleinerziehend“ wird der gesellschaftlichen Realität zu oft nicht mehr gerecht“ so Witt weiter. Die Politik sollte die Chance, welche sie sich durch die Rücknahme des Gesetzesentwurfes selbst geschaffen hat nutzen und sich umfassend mit der Frage beschäftigen, welcher Bedarf beim Leben von Trennungskindern in zwei Haushalten entsteht und wie man die bestehenden gesetzlichen Regelungen dieser veränderten Lebenswirklichkeit von Familien anpasst.