SGB-II-Reformvorschlag benachteiligt Trennungskinder und provoziert Elternstreit

Die geplanten Änderungen beim Hartz IV-Bezug sehen eine tageweise Streichung des Sozialgeldes vor, wenn sich das Kind beim anderen Elternteil aufhält. Der Streit um die Umgangszeiten ist damit vorprogrammiert – zu Lasten der Kinder

Mit der geplanten Änderung der „Rechtsvereinfachung SGB II“, umgangssprachlich auch Hartz IV genannt, plant die Bundesregierung, das Sozialgeld für jeden Tag, an dem sich ein Trennungskind beim anderen Elternteil aufhält, zu streichen. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass Kosten wie Miete, Energie etc. weiterhin anfallen. Die ohnehin schon systematisch zu niedrig angesetzten Bedarfssätze würden so noch weiter ausgehöhlt, bis zu 2 Mio Trennungskindern welche in Haushalten mit Hartz IV-Bezug leben, droht der völlige Absturz ins finanzielle und soziale Elend – mit unabsehbaren Folgen für deren weitere Entwicklung.

Die Unterdeckung im „Alleinerziehenden-Haushalt“ würde mit jedem Tag, an dem sich das Kind beim anderen Elternteil aufhält, wachsen. Auch bei diesem wäre ggf. eine Bedarfsunterdeckung gegeben. „Der Kampf ums Kind und um jeden einzelnen Tag ist damit vorprogrammiert“ mahnt Ulrich Severin, Mitglied im Bundesvorstand des Väteraufbruch für Kinder e.V. Hier soll offensichtlich bei den Ärmsten unserer Gesellschaft und deren Kindern gespart werden.

Dass diese Rechnung nicht aufgeht, ist für Severin offensichtlich. „Wenn die Eltern eine Umgangsregelung vereinbart haben, müssen beide einer Abänderung zustimmen. Andernfalls muss das Familiengericht entscheiden. Die Kosten für Gericht, Anwälte, Verfahrensbeistand und Gutachter trägt in Fällen, in denen die Eltern nicht über die finanziellen Mittel verfügen, der Staat über die Prozesskostenhilfe – ganz zu schweigen von den Belastungen, welchen die Kinder durch solche Verfahren ausgesetzt sind“. Zu befürchten ist auch, dass es zu massenhaften Abänderungsanträgen zur Sozialhilfe kommt, wenn die Kinder mal mehr, mal weniger bei einem Elternteil sind – die Eltern wären auf die entsprechende Bedarfsdeckung angewiesen, die Anträge daher unvermeidlich. Angesichts der chronischen Überlastung vieler Ämter ein fataler Schritt in die falsche Richtung.

Nicht vergessen werden sollte auch, dass Kinder einen in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieften Anspruch darauf haben, von beiden Eltern gleichwertig betreut und erzogen zu werden. Dies sollte nicht durch die Begrenzung der Grundsicherung der Kinder unterlaufen werden. „Alleinerziehen bedeutet heute noch immer ein sehr hohes Armutsrisiko. Darum sollte es im ureigensten Interesse des Staates liegen, bisherigen Alleinerziehenden durch die stärkere Einbindung des anderen Elternteils auch wieder den Weg in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu erleichtern.

Grundsätzlich begrüßt es der Verein, dass die Betreuung von Trennungskindern durch beide Eltern anerkannt werden soll. Was fehlt, sind sachgerechte Lösungen für getrennt erziehende Eltern – nicht nur im Hartz IV-Bezug. Der Bedarf von Kindern getrennt erziehender Eltern ist nun einmal höher als bei zusammenlebenden Eltern. Sie benötigen zwei Kinderzimmer, Ausstattung etc. Den Grundbedarf von Kindern einfach nur nach den Zeitanteilen der Betreuung in zwei Haushalten zu verschieben ist darum nicht ausreichend und obendrein kontraproduktiv, weil Elternstreit um Geld und Umgang vorprogrammiert ist. Statt dessen sollte erst einmal der Mehrbedarf ermittelt werden, der durch das Leben in zwei Haushalten anfällt.

Die Förderung von getrennterziehenden Eltern sollte Vorrang vor einer kurzsichtigen Verwaltungsvereinfachung haben“ meint Severin und hofft, dass die Regierung den bisherigen, vielseitiger Kritik unterworfenen Gesetzesentwurf noch einmal einer deutlichen Überarbeitung unterzieht. Auch die seit langem diskutierte Einführung einer Kindergrundsicherung könnte für eine Entlastung von Eltern und Kindern sorgen und endlich die seit langem bestehende Unterdeckung des Bedarfes der Kinder beenden.