Unter dem Schlagwort »Vereinbarkeit von Beruf und Familie« wurde in den letzten Jahren die Fremdbetreuung von Kindern ausgebaut: Einen Betreuungsplatz soll es künftig für jedes 3. Kind geben, das weniger als 3 Jahre alt ist. Für Kinder zwischen 3 und 6 Jahre gibt es bereits einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und viele Schulen betreuen Kinder inzwischen ganztags. Unter Verweis auf andere europäische Länder gilt diese Entwicklung als "Modernisierung" der deutschen Familienpolitik, die im Bundestag quer durch alle Parteien Unterstützung findet und längst zum politischen Mainstream geworden ist.
Angesichts dieses Ausbaus der Fremdbetreuung gerät die Rolle der Familie als Institution der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder immer mehr in den Hintergrund. Vehement werden Maßnahmen zur Stärkung der Eigenbetreuung von Kindern durch ihre Mütter und Väter abgelehnt, wie z.B. die Diskussion über die Einführung des Betreuungsgeldes zeigt. Elternzeit und Elterngeld haben sich zwar etabliert und die Vätermonate genießen eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit: Wie es aber nach 14 Monaten Elternzeit mit der Eigenbetreuung der Kinder weiter gehen könnte, darüber schweigt sich die Familienpolitik aus und verweist stattdessen auf Krippen, Kitas, Tagesmütter und Ganztagsschulen.
Trennung und Scheidung werden – selbst angesichts einer Trennungsrate von bis zu 50% - hartnäckig aus der politischen Diskussion ausgeklammert. Familie gilt danach als zerstört und die politische Lösung heißt „Einelternfamilie“ und „Alleinerziehen als Erfolgsmodell“.
Wissenschaftlich ist schon längst erkannt, dass Trennung und Scheidung nicht das Ende von Familie, sondern ein Anlass zur Transformation von Familie in eine neue Organisationsstruktur bedeuten, dass Elternschaft nicht abgelegt werden kann und dass es im Interesse der Kinder möglich sein muss, beide Eltern als verantwortliche Begleiter für das Kind zu erhalten.
Auf dem 5. Väterkongress des bundesweiten Vereins Väteraufbruch für Kinder e.V. wird diskutiert, ob die Entwicklung zu mehr Fremdbetreuung von Kindern familienfreundlich ist und was präventiv getan werden kann, um den Erhalt von Elternschaft nach Trennung und Scheidung zu unterstützen. Vätern fällt dabei eine Schlüsselrolle zu, denn nur wenn Väter sich über die Vätermonate hinaus dauerhaft in die Kinderbetreuung einbinden ließen, wäre eine präventiv wirksame Umverteilung der Familien- und Erwerbsarbeit innerhalb der Familien möglich. Dies führt zu der Frage, wie gleichwertige Elternschaft als wesentliche Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch nach einer Trennung und Scheidung umgesetzt werden kann.
Der diesjährige Väterkongress untersucht deshalb,
- inwieweit Väter die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder bereichern,
- welche Probleme Väter bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben,
- wie die Konkurrenzsituation von aktiven Vätern im Vergleich zu Arbeitnehmern ohne Kinder aussieht,
- wie groß die Gestaltungsspielräume für diese Väter sind
- wo die Familienpolitik neue Wege für aktive Väter öffnen muss
- und warum gleichwertige Elternschaft nicht nur vor, sondern auch nach einer Trennung und Scheidung optimale Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter bietet und den Kindern beide Eltern erhält (Wechselmodell, paritätische Doppelresidenz).